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06.07.2018

Wohlfahrtsverbände lehnen Errichtung von AnKER-Zentren in Brandenburg ab

Die LIGA der Freien Wohlfahrtspflege - Spitzenverbände im Land Brandenburg sieht mit Sorge die Initiative von Landkreisen und Kommunen, auf die Einrichtung eines AnKER-Zentrums in Brandenburg zu drängen . Sie fordert - auch vor dem Hintergrund der Diskussion um Transitzentren auf Bundesebene - die Landesregierung auf, von etwaigen Plänen zur Errichtung eines sogenannten Ankunfts-, Entscheidungs- und Rückführungszentrums (AnKER-Zentrum) in Brandenburg Abstand zu nehmen. Diese Art der Unterbringung von Geflüchteten ist inhuman und kein Beitrag zur Integration.

„Eine bis zu 18 Monate dauernde kasernenhafte Unterbringung ist alles andere als ein konstruktiver Beitrag zur gelingenden Integration. Die Zeit des Aufenthalts in diesen AnKER-Zentren wird insbesondere für Menschen mit unsicherer Bleibeperspektive erdrückend lang und jeder Tag ist von Ungewissheit geprägt. Wir brauchen Lösungen, wie Zuwanderung in unser Land aktiv gestaltet werden kann und wie wir beispielsweise Zugänge zu Schule und Arbeitsmarkt ermöglichen“, kommentiert Andreas Kaczynski, Vorstandsvorsitzender des Paritätischen Brandenburg und Vorsitzender der LIGA Brandenburg, die Pläne, einen von bundesweit fünf Modellstandorten ggf. auch in Brandenburg einzurichten.

Hauptkritikpunkt ist aus Sicht der Wohlfahrtsverbände die Isolation der Menschen in den Einrichtungen, da ihnen jegliche Teilhabe verwehrt wird. Auch die Frage der Beschulung ist bisher noch nicht abschließend geklärt – nach drei Monaten gilt in Brandenburg für Kinder mit egal welcher Bleibeperspektive eigentlich die Schulpflicht. Für große Personengruppen würde dies zukünftig bedeuten, dass sie mehrere Monate bis zu eineinhalb Jahren keine Chance haben, ihre Kinder auf Schulen oder in die Kita zu bringen, selber eine Ausbildung zu absolvieren, die deutsche Sprache zu lernen oder eigene Lebensperspektiven z.B. durch die Aufnahme einer Arbeit zu entwickeln. „Gleichberechtigte Teilhabe am sozialen Leben, der Zugang zu Bildung und anderen Regelsystemen der Daseinsvorsorge müssen jederzeit gewährleistet sein, unabhängig von Aufenthaltsstatus oder Bleibeperspektive“, sagt Hubertus C. Diemer, Vorsitzender des Vorstands des DRK-Landesverbandes Brandenburg.

Hinzu kommt der psychische Druck, der gerade auf bereits traumatisierte Personen verheerend wirken kann. „Im schlimmsten Fall drängt man Menschen in die Illegalität, wenn die Verzweiflung und Unsicherheit über die eigene Zukunft überhandnimmt. Zudem gibt es keinen gesicherten Zugang zu unabhängiger Asylverfahrens- und Rechtsberatung. Für unseren Rechtsstaat sollte das ein Alarmsignal sein“, warnt Martin Matz, Vorstandsmitglied des Diakonischen Werkes Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz e.V.

Hintergrund:

Laut eines Vorschlags des Bundesinnenministeriums sollen in den sogenannten AnKER-Zentren schutzsuchende Menschen bis zu 18 Monaten untergebracht werden, Familien bis zu sechs Monaten, sofern sie keine vermeintlich gute Bleibeperspektive haben und über ihren Asylantrag noch nicht entschieden wurde. Des Weiteren wird aktuell über die Einrichtung von Transitzentren diskutiert, die Sozial- und Wohlfahrtsverbände in ganz Europa mit Sorge beobachten. Derzeit dürfen Geflüchtete in Deutschland – mit Ausnahme von Menschen aus sogenannten sicheren Herkunftsländern – nicht länger als sechs Monate in einer Landeserstaufnahmeeinrichtung festgehalten werden, bevor sie auf die Kommunen verteilt werden. Fünf Bundesländer haben sich bereit erklärt, AnKER-Zentren als Modellversuche einzurichten. Das Land Brandenburg hat bisher keine offizielle Stellungnahme dazu abgegeben.