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17.10.2017

Armut von Frauen in Deutschland nicht länger hinnehmen!

Der 17. Oktober ist der Internationale Tag zur Bekämpfung von Armut. Die Nationale Armutskonferenz und die Landesarmutskonferenzen lenken zu diesem Anlass die Aufmerksamkeit auf eines der größten Armutsrisiken in Deutschland: Eine Frau zu sein.

Armut in Deutschland ist vor allem weiblich: Die durchschnittliche Armutsgefährdungsquote von Frauen ist in Deutschland höher als die von Männern (16,3 % gegenüber 15,1%). Dieser Abstand steigt mit zunehmendem Alter (16,3% gegenüber 12,6% bei über 65-Jährigen)¹. Am deutlichsten zeigt sich der Unterschied bei der Armutsrisikoquote von Alleinerziehenden: 43,8% der Alleinerziehenden gelten als arm oder von Armut bedroht. Und: Alleinerziehende sind zu über 90% Frauen.² Frau zu sein beinhaltet ein großes Armutsrisiko. Die Gründe hierfür sind vielfältig:

Frauen sind arm, weil sie häufiger unbezahlte Carearbeit leisten als Männer, genaugenommen 52,4% mehr:  in der Regel sind sie es, die Kinder versorgen und Angehörige pflegen (müssen).³

Frauen sind arm, weil sie eher in prekären Arbeitsverhältnissen beschäftigt sind und viel weniger verdienen als Männer.⁴

Frauen sind arm, wenn sie nicht in einer traditionellen Familienform mit Mutter, Vater, Kind leben. Geschiedene und alleinlebende Mütter sind meist stärker von Armut betroffen als Mütter, die mit dem Vater des Kindes zusammenleben.

All das ist Politikerinnen und Politikern auf allen Ebenen schon lange bekannt. Wir fordern: Die Armut von Frauen in Deutschland dürfen sie nicht länger hinnehmen!

Für eine wirksame Bekämpfung von Frauenarmut fordern wir:
  • die monetäre Aufwertung frauendominierter Berufe
  • die Schließung des Gender-Pay-Gap
  • die Eindämmung von prekärer Beschäftigung und Schaffung sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung
  • die Schaffung von existenzsichernden Mindestlöhnen für alle
  • Verbesserung des Familienlastenausgleichs im Steuer-, Sozial- und Familienrecht: u.a. durch Einführung einer neuen bedarfsdeckenden einheitlichen Geldleistung für alle Kinder; Ehegattensplitting sollte durch eine Individualbesteuerung mit einem übertragbaren Grundfreibetrag ersetzt werden)
  • flächendeckender Ausbau qualitativ hochwertiger Kita- und Hortplätze
  • die Erhöhung der Regelsätze zu einem echten menschenwürdigen Existenzminimums
  • einen individuellen Rechtsanspruch auf Schutz und Hilfe bei häuslicher Gewalt
  • flächendeckende, geschlechtersensible Beratungsangebote
  • eine stärkere Berücksichtigung von Betreuungs- und Pflegezeiten bei der Bemessung der Rente

Was es darüber hinaus braucht, ist ein Umdenken in den Köpfen der Menschen. Kinderversorgung, Hausarbeit und die Pflege von Angehörigen ist keinesfalls Frauensache. Eine partnerschaftliche Aufteilung der Haus- und Fürsorgearbeit ist dringend notwendig für eine gleichberechtigte Teilhabe am Arbeitsmarkt von Frauen – und damit im Kampf gegen Frauenarmut. Die Politik muss die Rahmenbedingungen schaffen und alle Frauen und Männer müssen sie nutzen können und wollen.

Es darf nicht länger sein, dass die Hälfte der Bevölkerung schlechtere Chancen hat, sich selbst zu versorgen und in Würde zu leben, weil sie weiblich ist! Wir fordern eine gleichberechtigte Teilhabe an Gesellschaft und am Arbeitsmarkt für Frauen.

Unterstützer_innen

Barbara Eschen | Sprecherin der Nationalen Armutskonferenz
Roland Saurer | Sprecher der Landesarmutskonferenz Baden-Württemberg
Reinhold Schimkowski | Sprecher der Landesarmutskonferenz Baden-Württemberg
Hermann Pfahler | Sprecher der Landesarmutskonferenz Berlin
Ingrid Stahmer | Sprecherin der Landesarmutskonferenz Berlin
Andreas Kaczynski | Sprecher der Landesarmutskonferenz Brandenburg
Martin Fischer | Sprecher der Landesarmutskonferenz Niedersachsen
Lars Niggemeyer | Sprecher der Landesarmutskonferenz Niedersachsen
Meike Janßen | Sprecherin der Landesarmutskonferenz Niedersachsen
Albrecht Bähr | Sprecher der  Landesarmutskonferenz Rheinland-Pfalz
Prof. Dr. Gerhard Trabert | Sprecher der  Landesarmutskonferenz Rheinland-Pfalz

17.10.2017

¹ Quelle: Mikrozensus/Statistisches Bundesamt, 2015
² Quelle: Mikrozensus/Statistisches Bundesamt, 2015
³ Dieser Gender Care Gap wird im zweiten Gleichstellungsbericht (2017) berechnet: gleichstellungsbericht.de
⁴ Gender Pay Gap: Der durchschnittliche Bruttostundenverdienst von Frauen lag 2015 um 21 % niedriger als der Verdienst der Männer. Quelle: Statistisches Bundesamt

Broschüre

In ihrer Broschüre „Armutsrisiko Geschlecht -Armutslagen von Frauen in Deutschland“ zeigt die Nationale Armutskonferenz (nak) die Lebenslagen von armutsbetroffenen Frauen in Deutschland. Fachautorinnen und Betroffene berichten über das Aufwachsen in Armut, über prekäre Beschäftigung, Erwerbslosigkeit, die negativen Folgen des Ehegattensplittings, Gewalt gegen Frauen, Altersarmut, die Lebensrealitäten alleinerziehender Frauen, geflüchteter Frauen, wohnungsloser Frauen, verschuldeter Frauen sowie von Frauen mit Rassismuserfahrung oder Behinderung.

Armutsrisiko Geschlecht -Armutslagen von Frauen in Deutschland

Armutsrisiko Geschlecht -Armutslagen von Frauen in Deutschland

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